78191_original_R_by_Marco Barnebeck(Telemarco)_pixelio.de.nackt Schreiben Sie? Ich meine jetzt nicht nur das berufliche Schreiben sondern auch das gelegentliche Festhalten eigener Gedanken in Schriftform, als Hobby, zum Zeitvertreib, aus einem inneren Bedürfnis heraus oder auch einfach, weil es ihnen Spaß macht. Ich glaube, viele von uns haben sich schon daran versucht, Phantasie, Gedanken, Meinungen, Erlebnisse und Gefühle schriftlich festzuhalten. Den meisten von Ihnen, das unterstelle ich jetzt einfach mal, geht es wie mir, sie wollen auch gelesen werden.

Als ich vor vielen Jahren begonnen habe kleine Geschichten, Gedichte, Aufsätze und Berichte aufzuschreiben, da ging es nie um die Frage was, oder über was ich schreiben will, das "wie" war schon eher ein Problem, das Nachdenken erforderte. Der Bestsellerautor Steven King hat in seiner Autobiographie "Das Leben und das Schreiben" empfohlen um schreiben zu können, zunächst und immer wieder zu lesen. Mit den Jahren habe ich sehr viel gelesen und mit jedem Buch wurde mein Horizont weiter, mein Verständnis größer, meine Einsicht in Technik und Stilmittel immer tiefer und auch meine Erkenntnis, wie dürftig sich meine eigenen Versuche gemessen an den Werken anderer doch ausnahmen.

Im Laufe der Jahre hat sich das ein wenig gebessert, so dass ich heute auch nicht mehr davor zurückschrecke, Texte aus eigenen Feder öffentlich zu machen. Heute geht es mir immer noch nicht um das "was" – die Themen schenkt das Leben ja mit jedem Tag selbst reichlich – und es geht nun nicht mehr so sehr um das "wie". Daran arbeite ich natürlich, das ist ja nach wie vor nötig, aber ich denke, dabei geht es um einen Wachstumsprozess, den wohl fast jeder durchlaufen muss, der mit Leidenschaft und Freude schreibt.

Heute geht es mir in erster Linie um die Frage: "Wozu schreibe ich und wozu schreibe ich etwas ganz Bestimmtes?" Haben sie sich diese Frage auch schon einmal gestellt? Oder, wenn sie nicht selbst schreiben sollten, haben sie sich schon einmal beim Lesen eines Buches gefragt, wozu der Autor es geschrieben hat? Wohlgemerkt, ich meine nicht die Frage "warum" der Autor ein Buch geschrieben hat! Darauf gäbe es immer sehr viele mögliche Antworten. Von dem Wunsch, damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen bis hin zur Erfüllung eines Vertrages mit einem Verlag, oder einfach aus Freude daran, ist wohl alles dabei, was man sich so vorstellen kann. Aber immer läuft es darauf hinaus, dass jemand ein Buch geschrieben hat, weil er es wollte. Dem ist nichts hinzuzufügen. Anders bei der Frage "wozu" jemand ein Buch schreibt, oder wozu er es genau so und nicht anders geschrieben hat. Da wird nach dem Ziel, nach der Absicht gefragt und genau das ist für mich heute die wichtigste Fragen bei allem was ich schreibe.

Manchmal schreibe ich etwas, um Menschen Freude zu bereiten, mitunter um zum Nachdenken anzuregen oder auch, um ein bestimmtes Problem, einen Gedanken, eine Frage bewusster werden zu lassen. Immer jedoch, weil ich etwas bewirken möchte. Ich möchte mit meinen Zeilen jedem, der sich die Mühe macht sie zu lesen, auch etwas geben. Vielleicht ein wenig Frieden für den, dessen Herz gerade aufgewühlt ist, ein kleines Lächeln für den Traurigen, ein wenig Hoffnung für den, der gerade kein Licht sehen kann und manchmal vielleicht auch eine Antwort auf eine quälende Frage. Natürlich gelingt mir das selten wirklich und manchmal ist es schwer, sich diesem eigenen Anspruch zu stellen.

Dann lese ich meine Texte durch und sehe, dass vor allem auch immer ich in diesen Worten sichtbar bin. Ich denke, jeder der schreibt, macht sich für den, der das Geschriebene später liest sichtbar, erkennbar und auch angreifbar. Zwischen Imagination und Formulierung sehen sie auch ein Stück von mir, sehen sie meine Gedanken, meine Gefühle und das, was mich bewegt. Manchmal nur verschwommen, aber manchmal auch ganz, so wie ich bin, nackt und bis tief in meine Seele hinein.

Wann immer ich dann einen Beitrag, einen Artikel oder eine Geschichte eines anderen auf seiner Blogsite oder wo auch immer lese, denke ich daran, dass es ihm ja genauso geht, dass er sich geöffnet hat und allen, die es lesen wollen, ein Stück seiner Selbst gibt. Ich schätze das und bin froh über alles, was ich zu lesen bekomme.

 

Foto:Marco Barnebeck/Pixelio.de

6 Kommentare zu „Pardon, ich bin nackt

  1. Das Buch vom Herrn King kenne ich auch. Und noch so einge andere Bücher mehr. Ich schrieb immer gern. Dann einige Jahre nicht. Nun wieder. Und wieder gern. Ob gut? Nein. Aber es macht mir Spaß. Auch, andere Blogs und Menschen zu lesen 🙂

  2. Ist es wirklich so, dass du dich angreifbar machst, indem du dich zeigst?
    Ich glaube das nicht – obwohl’s richtig ist *g*
    Sicher gibt’s den einen oder anderen Hobbypsychologen, der versucht, dich in deinem Schreiben zu erklären. Nur hat halt der, der das versucht, keine Ahnung vom Schreiben.
    Was für mich das Schreiben ausmacht, ist sein Wert – ich kann „geben“ damit. Unter anderem auch mir selbst. Das ist bedeutender als der eine oder andere Angriff.

    Meine eigenen Gedanken dazu hab‘ ich vor ein paar Jahren mal formuliert. Nicht gerade rund und kaum für die Öffentlichkeit geeignet, doch bergen diese Zeilen immer noch einen Schmunzler für mich, wenn ich ihnen in den Tiefen meiner Dateistruktur begegne:

    Warum?
    Warum schreibe ich? – Ich fühle.
    Warum fühle ich? – Ich liebe.
    Warum liebe ich? – Ich lebe.
    Warum lebe ich? – Ich lebe, um zu leben. Ich lebe, um zu lieben. Ich liebe, um zu fühlen. Ich fühle, um zu schreiben.
    Warum?
    Ein kluges Wort! Und oft ein abschließendes – verständnislos gefragt, resignierend geflüstert oder verzweifelt geschrien. Doch wenn man ihm ganz genau zuhört, dann ist dieses Wort immer für einen Anfang gut:
    Warum?

    1. Ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen. Dies „warum“, das geht ja aus meinem Text hervor, das habe ich eingetauscht gegen das „wozu“. Das ist für mich konkreter und fassbarer. Mit der Frage nach dem „warum“ sind wir ja sehr schnell bei der grundsätzlichen Frage nach dem „warum“ des Lebens, dem „warum“ all dessen, was ist. Du kennst meine Einstellung zum christlichen Glauben, die auch die Überzeugung beinhaltet, dass Gott Himmel und Erde geschaffen hat. Auch die biblische Aussage, dass Gott beschloss, „Menschen zu machen“ (auf welchem Wege auch immer, in eine Diskussion über Sinn und Unsinn des Evolutionsglaubens möchte ich hier nicht eintreten) gehört für mich dazu. Aber all das erklärt mir nicht das „warum“! Ich kann jedoch Antworten darauf finden, wozu ich auf dieser Welt bin, was Aufgabe und Ziel meines Lebens sind. Ich hoffe, du hast – oder findest – sie auch für dich.

      Grüßle, Gert

      1. Ja, meinen Weg habe ich gefunden. Er ist deinem nicht unähnlich – nur eben anders *g* Ich sehe Gott nicht biblisch, das wäre mir zu einseitig. Gott ist mehr. Das „Wozu“ habe ich für mich beantwotet. Darum brauche ich das“Warum“.

  3. Pardon, ich bin neu.

    erst einmal vorweg: Danke für das Interesse an meinem Blog. Ich habe mich gefreut ein neues Gesicht zu sehen und ja, auch ich habe vor etwas 10 Jahren begonnen Persiflagen und andere Gedanken aufzuschreiben. Dafür musste ich nicht Herrn King bemühen, dem ich wenig abgewinnen kann, sondern bei mir mahnte das alte Sprichwort: Wer schreibt, der bleibt. Der tägliche Umgang mit Sprache und Variationen von Ideen und Auffälligkeiten des Lebens haben einen bunten Bogen aus allerlei werden lassen, die man als Geschichten oder kleine Fragmente auf meinem Blog finden kann.

    Ich lade dann und wann befreundete Lyriker ein und stelle ihre Werke auf meinem Blog ein, eine kleine Anerkennung, die, wie ich finde, den guten Schreibern gewehrt werden sollte.

    Heute bin ich etwas schreibfaul geworden … natürlich nicht allein wegen des Heute und so warte ich, bis die Muse mich wieder küsst.

    Lieben Gruß
    Kariologiker

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